Gedenken zum Rendeler Pogrom
Unter großer Anteilnahme der Rendeler inclusive Stadtverordneten- und Ortsvorsteher wurde mit einem Gedenkgottesdienst und der Enthüllung einer Gedenk-Stehle am vergangenen Sonntag des Rendeler Pogroms vom 10. November 1938 gedacht.
Im Gedenkgottesdienst stellte Stephan Kuger die jüdische Familie Grünebaum vor, die seit Generationen in Rendel verankert war und eine beliebte Rindsmetzgerei im Gronauer Weg betrieben. Auch als sich das Klima wandelte, hatte Max Grünebaum bis zuletzt geglaubt: "In meinem Rendel tut mir keiner was".
Es kam anders, am 10. November wurde wie vielerorts auch ihr Wohnhaus und Geschäft geplündert, sie wurden gedemütigt und geschlagen. Daraufhin verließen sie Rendel, um in städtischer Anonymität sicherer Leben zu können, aber keiner überlebte den Holocaust, Max Grünebaum wurde am 28. August 1942 in Auschwitz ermordet.
In ihrem Impuls berichtete Pfarrerin Nadia Burgdorf von ihrem Besuch in der internationale Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem „wer einmal dort war, wird das Ausmaß an Opfernamen nie wieder vergessen“ und entzündete als Zeichen, dass auch die beiden in Konzentrationslagern ermordeten Rendeler Juden Lea Weinberg und Max Grünebaum in Rendel nicht vergessen werden, zwei Kerzen mit Ihren Namen an der Osterkerze.
Hartmut Polzer, der Initiator der Karbener Stolpersteine, berichtete im Anschluss über das bis dahin selbstverständliche gemeinsame Leben von Christen und Juden in Rendel, die zeitweise bis zu 10 Prozent der Dorfbevölkerung erreichte. Juden kämpften im 1. Weltkrieg für Deutschland, vereinzelt gab es auch in Rendel Ehen zwischen Juden und Christen.
Max Grünebaum war im TSV und dem Gesangsverein „Liederkanz“ aktiv, Lea Weinberg unterrichtete die Dorfkinder im Nähen. Nach 1933 und den ersten Anfeindungen verlies Else, die Tochter der Grünebaums Deutschland, Ihre Eltern konnte sie nicht überzeugen.
Auf die Frage, ob man die Pogrome auf die SA von außen schieben könne verneinte Polzer klar und führte ein Beispiel aus einem anderen Karbener Ort an „dort wurde wie vielerorts behauptet, es wären Schergen aus dem Nachbarort gewesen. Nach dem Krieg wurden aber nur die Ortsansässige verurteilt. Nein, es waren leider ihre Nachbarn und bisher vermeintlichen Freunde“.
„Menschen werden grausam, wenn eine (Volks-)Identität durch Ab- und Ausgrenzung anderer erfolgt“, versuchte Kuger in seiner Fürbitte eine Annäherung „Schlage uns die Vermessenheit aus dem Kopf, wir hätten 1938 besser gehandelt und schenke uns heute den vergleichsweisen kleineren Mut, immer dann die Stimme zu erheben, wenn Menschen wegen ihrer Herkunft, Überzeugung, Religion oder Geschlechts ausgegrenzt oder diffamiert werden“.
Im Anschluss an den Gottesdienst enthüllten Polzer und Kuger mit dem Karbener 1. Stadtrat Thomas Schrage und rund fünfzig Bewohner eine doppelte Gedenktafel auf dem Lindenplatz, dem ehemaligen zentralen Rendeler Dorfplatz. Die eine Seite erinnert nunmehr dauerhaft an das Rendeler Pogrom und die dort ehemals ansässige Rendeler Familie Günebaum, die andere Seite an die fünf Rendeler Toten aus der nahen Mittelgasse, die zehn Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner durch eine Fliegerbombe ums Leben kamen und vor der Kirche beerdigt wurden - gleichsam zweier Seiten oder Anfang und Ende des Krieges.
Für die fehlenden Rendeler waren stellvertretend acht „Rendeler Stühle“ aufgestellt. Schrage stellte die Wichtigkeit heraus, dass diese Tafel, die stellvertretend bereits für die Rendeler Toten in der Gedenkstätte Friedenswald steht, als erste Schicksalstafel nunmehr auch in den einzelnen Ortsteilen aufgestellt wird.
Vonseiten der Besucher war breite Zustimmung und das Gefühl zu spüren, dass es an der Zeit war, sich im Rahmen des Dorfjubiläum „1250 Jahre Rendel – ein Jahr Vielfalt“ auch an einen dunklen Teil der Rendeler Geschichte zu erinnern und ein bleibendes Gedenken zu ermöglichen.